Hey Leute,
Ich hab mich mal durch den ganzen Fred gelesen und will Euch mal noch von meinen Erfahrungen berichten.
Früher bin ich nen Polo 6N gefahren, der - typisch erstes Auto - relativ viel Bastelei und Tuning über sich ergehen lassen musste. Bei dem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein Stabi die Kurvengeschwindigkeiten auch deutlich vermindern kann. Das liegt dran, dass der Kurvenäußere Reifen dynamisch belastet wird (das Auto lehnt sich drauf) und das Kurveninnere Rad entlastet wird (das Auto hebts aus den Federn). Die Reifen profitieren ne ganze Weile davon, denn in der Kurve muss eh der äußere Reifen die meiste Seitenkraft übertragen und da hilft ihm das Mehrgewicht. Allerdings nur, bis der sich einstellende Schlupf so hoch wird, dass er anfängt zu schmieren. Untersteuern ist die Folge. Wenn man jetzt nen Stabi rein baut passiert folgendes: Der Stabi versucht jetzt das Wanken auszugleichen und drückt das Kurvenäußere Rad raus -> noch mehr Last drauf und das Kurveninnere zieht er hoch -> noch mehr entlastet. Dadurch kommt das Kurvenäußere Rad noch schneller an die Grenze und das Kurveninnere kann noch weniger "helfen", da es ja zur Entlastung durch die Schräglage auch noch vom Stabi von der Straße geholt wird.
Die Serienmäßige Abstimmung (Feder / Dämpfer) ist von diesem Phänomen stärker betroffen als Sportfahrwerke, da größere Seitenneigungen erreicht werden. Allerdings hilft ein härterer Stabi hier auf der anderen Seite, da durch die verringerte Seitenneigung weniger starke Veränderungen in der Spur- / Sturzkurve erreicht werden. Die Effekte überlagern sich.
Das Hauptproblem ist, dass man sich mit der geringeren Seitenneigung erstmal subjektiv besser fühlt - das Wanken wird als unsportlich empfunden. Vergleicht man aber mal die möglichen Kurvengeschwindigkeiten z.B. auf der Hausstrecke, kann man ne böse Überraschung erleben. Bei meinem Polo hat das Untersteuern mit Stabi fast 10km/h eher begonnen als ohne (mit Fahrwerk). Ich habe dann an der Vorderachse komplett drauf verzichtet und hinten die Achse mit dem kleinsten Stabi verbaut (der Polo hat ne Verbundlenkerachse mit verschweißtem Stabi, da is nix mit Schrauben).
Ich hab mal ne ne Grafik dazu dran gehängt (Quelle: Bormann, A.: Vorlesung Kraftübertragung am Reifen, TU Dresden). Da is die übertragbare Seitenkraft über derAufstandskraft für unterschiedliche Schräglaufwinkel aufgetragen. Wenn ihr z.B. bei 4000N (das sind knapp 400kg) Achslast liegen würdet, und dann durch Kurvenfahrt ohne Stabi um je 100kg be- bzw. entlastet (äußeres zu inneres Rad), dann würde das äußere Rad bei 8° Schräglaufwinkel ca. 320kg seitlich abstützen können, das Kurveninnere Rad ca. 260kg.
Kommt jetzt der Stabi ins Spiel und erhöht bzw. verringert die Aufstandskraft um nochmal 50kg, dann gewinnt das äußere Rad nix mehr dazu weil es schon an der Grenze is. Das Kurveninnere Rad verliert aber trotzdem ca. 250N, als 25 abstützbare Kilo. Damit kommt es unterm Strich zu geringerer möglicher Seitenführung an der entsprechenden Achse. Vorne also Untersteuern, hinten Übersteuern.
Autohersteller nutzen das geschickt aus um ihren Fahrzeugen damit ein "massentaugliches" Eigenlenkverhalten mit auf dem Weg zu geben (neben anderen Stellschrauben).
Was also bleibt ist: Wenn das Fahrwerk schon ordentlich hart ist, dann Vorsicht mit "härter ist besser" am Stabi, sonst kann es sein, dass ihr die Kurvengeschwindigkeit künstlich verschlechtert.
Puh... ein Haufen Text - ich hoffe es is halbwegs klar was ich eigentlich sagen wollte :schwitz:
Greetz!
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