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Carabinieri büssen Autofahrer ohne CH-Kleber
Bis 335 Euro Busse, weil am Autoheck kein CH-Kleber prangt: Dies ist in den vergangenen Wochen vielen Schweizern in Italien passiert. Damit soll Schluss sein, fordert ein Nationalrat.
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Im Tessin sorgt derzeit ein Thema für Aufruhr - pünktlich zum Anfang der Sommerferien: Gemäss mehreren Medienberichten haben italienische Polizisten in den vergangenen Wochen dutzende Schweizer Verkehrsteilnehmer gebüsst, weil am Heck ihres Autos oder Töffs kein elliptischer CH-Kleber angebracht war. Der TCS Tessin spricht von einer «Welle von Bussen», die vor ungefähr einem Monat eingesetzt habe und bereits wieder abgeflacht sei. «Wir wurden von Beschwerden und Anfragen überhäuft», sagt Sprecher Renato Gazzola.
Grundlage der italienischen Bussenorgie ist das Wiener Übereinkommen über den Strassenverkehr von 1968, das seit 1992 auch in der Schweiz in Kraft ist: Dieses besagt, dass «jedes Kraftfahrzeug im internationalen Verkehr ein Unterscheidungszeichen des Staates führen muss, in dem es zugelassen ist.» Das italienische Strassenverkehrsgesetz regelt dann zusätzlich die Bussenhöhe: Zwischen 84 und 335 Euro bei Missachten der Vorschrift.
Im Gegensatz zu (modernen) EU-Nummernschildern sind Schweizer Plaketten nicht automatisch mit der internationalen Konvention konform. Zwar ist neben der Nummer auch die Flagge der Schweiz und des jeweiligen Kantons aufgeführt, ein CH-Zeichen fehlt aber. Der entsprechende Kleber oder das Magnet muss deshalb zusätzlich am Heck angebracht werden. Kurz: Schweizer, die im Ausland ohne CH herumfahren, machen sich strafbar. Ob auch andere Länder gleich streng wie die italienischen Behörden kontrollieren, kann nicht beurteilt werden. «Wie es die einzelnen Staaten handhaben, kann ich nicht sagen. Mir ist auf jeden Fall kein Fall aus einem anderen Land bekannt», sagt Guido Bielmann vom Bundesamt für Strassen (ASTRA).
«Mehr Fingerspitzengefühl»
Lorenzo Quadri, Nationalrat der rechtsbürgerlichen Lega dei Ticinesi, spricht angesichts der Zunahme von Bussen von einer «reinen Schikane». Dank dem Schweizerkreuz sei die Zuordnung zum Land ohne weiteres möglich. Er verlangt deshalb von den Carabinieri «mehr Fingerspitzengefühl». Quadri geht aber noch weiter: In einer Motion fordert er den Bundesrat auf, das Wiener Übereinkommen so abzuändern, dass das Schweizer Wappen auf dem Nummernschild als Erkennungszeichen ausreiche. Das ASTRA nimmt den Vorstoss «zur Kenntnis» - ob die Forderung realistisch ist, will Sprecher Bielmann nicht kommentieren.
Der Tessiner TCS geht seinerseits in die Offensive: In einem Communiqué erinnert er die Autofahrer daran, dass das Landeskennzeichen bei Fahrten ins Ausland obligatorisch sei. Findige Unternehmer wollen die Gunst der Stunde nutzen. Am Rande einer Tessiner Ausfallstrasse heisst es prominent: «Hier werden CH-Kleber verkauft.»